Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832),
Deutscher Dichter und Dramatiker, Naturforscher - Mystiker



Die Gabel sticht, der Besen kratzt,
Das Kind erstickt, die Mutter platzt.


[Ich bin] ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und stets das Gute schafft. ...
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.


In deinem Nichts hoff ' ich, das All zu finden.


Krieg, Handel und Piraterie,
Dreieinig sind sie, nicht zu trennen.



Das Drüben kann mich wenig kümmern;
Schlägst du erst diese Welt zu Trümmern,
Die andre mag darnach entstehn.


Selbst erfinden ist schön, doch glücklich von anderen Gefundnes
Fröhlich erkannt und geschätzt, nennst das du weniger dein?


Man sieht die Blumen welken und die Blätter fallen, aber man sieht auch Früchte reifen und neue Knospen keimen. Das Leben gehört den Lebendigen an, und wer lebt, muß auf Wechsel gefaßt sein.


Ich weiß, du bist mein Freund, wenn du mich kennst: Und eines solchen Freunds bedurft' ich lange.


Der Himmel geb' zur Frühlingszeit
Mir manches Lied voll Munterkeit,
Und euch gefall' es.
Ihr lieben Mädchen, singt es mit,
Dann ist mein Wunsch am letzten Schritt,
Dann hab' ich alles.


Ihr, die ihr Misogyne [Frauenfeinde] heißt,
Der Wein heb' euern großen Geist
Beständig höher.
Zwar Wein beschwöret oft den Kopf,
Doch der tut manchem Ehetropf
Wohl zehnmal weher.


Gedichte sind gemalte Fensterscheiben!
Sieht man vom Markt in die Kirche hinein,
Da ist alles dunkel und düster;
Und so sieht's auch der Herr Philister:
Der mag denn wohl verdrießlich sein
Und lebenslang verdrießlich bleiben.


Kommt aber nur einmal herein,
Begrüßt die heilige Kapelle;
Da ist's auf einmal farbig helle,
Geschicht und Zierat glänzt in Schnelle,
Bedeutend wirkt ein edler Schrein;
Dies wird euch Kindern Gottes taugen,
Erbaut euch und ergötzt die Augen!


Nach ewigen, ehrnen,
Großen Gesetzen
Müssen wir alle
Unseres Daseins
Kreise vollenden.


Nur allein der Mensch
Vermag das Unmögliche:
Er unterscheidet,
Wählet und richtet;
Er kann dem Augenblick
Dauer verleihen.


Du gingst, ich stund und sah zur Erden
Und sah dir nach mit nassem Blick.
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden,
Und lieben, Götter, welch ein Glück!


Der Witwer wünscht in seiner Not,
Zur sel'gen Frau durch schnellen Tod
Geführt zu werden.
Du guter Mann, nicht so verzagt!
Das, was dir fehlt, das, was dich plagt,
Find'st du auf Erden.


Die Eifersucht quält manches Haus
Und trägt am Ende doch nichts aus
Als doppelt Wehe.


Die Zeit überschlägt sich wie ein Stein vom Berge herunter, und man weiß nicht, wo sie hinkommt und wo man ist.


Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast du nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden da droben?


Hätte Gott mich anders gewollt,
So hätt' er mich anders gebaut.


Wer auf die Welt kommt, baut ein neues Haus.
Er geht und läßt es einem zweiten;
der wird sich's anders zubereiten,
und niemand baut es aus.


Der Tod führt einst von ihrer Seite
Mich auf zum englischen Gesang,
Mich zu des Paradieses Freude,
Doch fühl' ich keinen Übergang.


Die Menschen werden durch Gesinnungen vereinigt, durch Meinungen getrennt. [. ] Die Freundschaften der Jugend gründen sich auf's Erste [i.e. den Gesinnungen] an den Spaltungen des Alters haben die letztern [i.e. die Meinungen] Schuld.


Die Ehrfurcht wirft mich ihr zu Füßen,
Die Wollust mich an ihre Brust.
Sieh, Jüngling, dieses heißt genießen.
Sei klug und suche diese Lust!



Ich bin in Staatsgeschäften alt genug geworden, um zu wissen, wie man einen verdrängt, ohne ihm seine Bestallung zu nehmen.


Meeresstille
Tiefe Stille herrscht im Wasser,
Ohne Regung ruht das Meer,
Und bekümmert sieht der Schiffer
Glatte Fläche ringsumher.
Keine Luft von keiner Seite!
Todesstille fürchterlich!
In der ungeheuern Weite
Reget keine Welle sich.


Man weiß erst, daß man ist, wenn man sich in anderen wiederfindet.


Du junger Mann, du junge Frau,
Lebt nicht zu treu, nicht zu genau
In enger Ehe.


Die Jugend verschlingt nur, dann sauset sie fort;
Ich liebe zu tafeln am lustigen Ort,
Ich kost' und ich schmecke beim Essen.


Sie ist vollkommen, und sie fehlet
Darin allein, daß sie mich liebt.


Herrlich bist du, wie Moschus:
Wo du warst, gewahrt man dich noch.


Ihr wißt, auf unsern deutschen Bühnen
Probiert ein jeder, was er mag.


Die Lust zu reden kommt zu rechter Stunde,
Und wahrhaft fließt das Wort aus Herz und Munde.


Das Menschenpack fürchtet sich vor nichts mehr als vor dem Verstande; vor der Dummheit sollten sie sich fürchten!


Was man schwarz auf weiß besitzt,
Kann man getrost nach Hause tragen.


Es ist dem geselligen Menschen ganz gleichgültig, ob er nutzt oder schadet, wenn er nur unterhalten wird.


Ich kenne kein anderes Bestreben, als mich selbst, nach meiner Weise, soviel als möglich auszubilden, damit ich an dem Unendlichen, in das wir gesetzt sind, immer reiner und froher Anteil nehmen möge.


Und alles Drängen, alles Ringen
Ist ewige Ruh in Gott, dem Herrn.


Wenn in gesellschaftlicher Stunde
Sie mal mit mir von Liebe spricht,
Wünsch' ich mir Worte von dem Munde,
Nur Worte, Küsse wünsch' ich nicht.


Alles Große bildet, sobald wir es gewahr werden.


Versuche, die Gedanken der Besten nachzudenken und den Besten gleich zu empfinden.


Weißt du, worin der Spaß des Lebens liegt?
Sei lustig! - Geht es nicht, so sei vergnügt.



Von Zeit zu Zeit seh' ich den Alten gern,
Und hüte mich, mit ihm zu brechen.
Es ist gar hübsch von einem großen Herrn,
So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.



Ich bin genügsam und genieße
Schon da, wenn sie nur zärtlich lacht,
Wenn sie bei Tisch des Liebsten Füße
Zum Schemel ihrer Füße macht,
Den Apfel, den sie angebissen,
Das Glas, woraus sie trank, mir reicht
Und mir bei halb geraubten Küssen
Den sonst verdeckten Busen zeigt.


Wenn das Mächtige, das uns regiert,
Ein großes Opfer heischt, wir bringen's doch,
Mit blutendem Gefühl, der Not zuletzt.


Wenn im Unendlichen dasselbe
Sich wiederholend ewig fließt,
Das tausendfältige Gewölbe
Sich kräftig ineinander schließt,
Strömt Lebenslust aus allen Dingen,
Dem kleinsten wie dem größten Stern,
Und alles Drängen, alles Ringen
Ist ewige Ruh in Gott, dem Herrn.


Einen kritischen Freund an der Seite, kommt man immer schneller vom Fleck.


Auch was Geschrieb'nes forderst du Pedant?
Hast du noch keinen Mann, nicht Manneswort gekannt?



Es ist wohl angenehm, sich mit sich selbst zu beschäft'gen, wenn es nur so nützlich wäre. Inwendig lernt kein Mensch sein Innerstes erkennen. Denn er mißt nach eignem Maß sich bald zu klein und leider oft zu groß. Der Mensch erkennt sich nur im Menschen, nur das Leben lehret jedem, was er sei.


Alles was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht.


Nur der ist froh, der geben mag.


Habt ihr gelogen in Wort und Schrift,
Andern ist es und euch ein Gift.


Es gehört viel Mut dazu, in der Welt nicht missmutig zu werden.


Ein unnütz Leben ist ein früher Tod.


Ein großer Geist irrt sich so gut wie ein kleiner, jener, weil er keine Schranken kennt, und dieser, weil er seinen Horizont für die Welt nimmt.


Die Hitze schafft alles Flußartige weg und treibt, was Schärfe im Körper ist, nach der Haut.


Daß unsrer Glut die Zeit nicht schade,
Räumt sie kein Recht aus Schwachheit ein,
Und ihre Gunst bleibt immer Gnade,
Und ich muß immer dankbar sein.


Hab's geschrieben in guter Zeit,
Tags, Abends und Nachts Herrlichkeit,
Und find nicht halb die Freud so mehr,
Da nun gedruckt ist ein großes Heer.
Find, daß es wie mit den Kindern ist,
Da doch wohl immer die schönste Frist
Bleibt, wenn man in der schönen Nacht
Sie hat der lieben Frau gemacht.


Daß Glück ihm günstig sei,
Was hilft's dem Stöffel?
Denn regnet's Brei,
Fehlt ihm der Löffel.


Ich, der ich diese Kunst verstehe,
Ich habe mir ein Kind gewählt,
Daß uns zum Glück der schönsten Ehe
Allein des Priesters Segen fehlt.


Empfinde, Jüngling, und dann wähle
Ein Mädchen dir, sie wähle dich,
Von Körper schön und schön von Seele,
Und dann bist du beglückt wie ich!


Totalität
Ein Kavalier von Kopf und Herz
Ist überall willkommen;
Er hat mit feinem Witz und Scherz
Manch Weibchen eingenommen;


Doch wenn's ihm fehlt an Faust und Kraft,
Wer mag ihn dann beschützen?
Und wenn er keinen Hintern hat,
Wie mag der Edle sitzen?


Es gibt dreierlei Arten Leser; eine, die ohne Urteile genießt, eine dritte, die ohne zu genießen urteilt, die mittlere, die genießend urteilt und urteilend genießt; diese reproduziert eigentlich ein Kunstwerk aufs neue. Die Mitglieder dieser Klasse sind nicht zahlreich.


Die Buchhändler sind alle des Teufels, für sie muß es eine eigene Hölle geben.


Man fühlt sich [in der Bibliothek] wie in der Gegenwart eines großen Kapitals, das geräuschlos unberechenbare Zinsen spendet.


Dichtern sieht man ja überhaupt wohl nach, wenn sie das Vorrecht sagen zu können, was sie fühlen, gegen den Freund, gegen die Geliebte vielleicht übermäßig ausüben.


Es wird so entsetzlich viel gedruckt, daß man weder Vernünftiges noch Unvernünftiges hört, was man nicht so eben gelesen hat.


Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort!"
Hier stock' ich schon! Wer hilft mir weiter fort? . . .
Mir hilft der Geist! Auf einmal seh' ich Rat
Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!


Die Güte selbst erregt oft Widerstand.


Uns rührt die Erzählung jeder guten Tat, uns rührt das Anschauen jedes harmonischen Gegenstandes; wir fühlen dabei, daß wir nicht ganz in der Fremde sind.


In der Welt ist im Grunde des Guten so viel wie des Bösen; weil aber niemand leicht das Gute erdenkt, dagegen jedermann sich einen großen Spaß macht, was Böses zu erfinden und zu glauben, so gibt's der favorablen Neuigkeiten so viel.


O Welt, vor deinem häßlichen Schlund
Wird guter Wille selbst zunichte.
Scheint das Licht auf einen schwarzen Grund,
So sieht man nichts mehr von dem Lichte.


Ein guter Mensch verspricht durch seine Gegenwart nur immer zu viel! Das Vertrauen, das er hervorlockt, die Neigung, die er einflößt, die Hoffnungen, die er erregt, sind unendlich; er wird und bleibt ein Schuldner, ohne es zu wissen.


Das Auge war vor allen anderen das Organ, womit ich die Welt faßte.


Ein Blick von dir, ein Wort mehr unterhält
Als alle Weisheit dieser Welt.


Wenn ich dich liebhabe, was geht's dich an!


Ich gehe zu den liebsten besten Menschen, aber warum von Ihnen?


Der Mensch kommt moraliter ebenso nackt auf die Welt als physice. Daher ist seine Seele in der Jugend so empfindlich gegen die äußere Witterung.


Man muß jung sein, um große Dinge zu tun.


Wenn sie auch
Die Absicht hat, den Freunden wohlzutun,
So fühlt man Absicht und man ist verstimmt.


(Aus: Harfenspieler)
Ja! Laßt mich meiner Qual!
Und kann ich nur einmal
Recht einsam sein,
Dann bin ich nicht allein.


Man liest viel zu viel geringe Sachen, womit man die Zeit verdirbt und wovon man weiter nichts hat. Man sollte eigentlich immer nur das lesen, was man bewundert.


Soll dich kein heilig Band umgeben,
O Jüngling, schränke selbst dich ein.
Man kann in wahrer Freiheit leben
Und doch nicht ungebunden sein.


Sei ohne Tugend, doch verliere
Den Vorzug eines Menschen nie!
Denn Wollust fühlen alle Tiere,
Der Mensch allein verfeinert sie.


Im ganzen - haltet euch an Worte!
Dann geht ihr durch die sichre Pforte
Zum Tempel der Gewißheit ein.


Aufmerksamkeit ist das Leben.


Ich bin Gott darin ähnlich, daß er immer geschehen läßt, was er nicht will.


Das wahre Glück
Ist die Genügsamkeit,
Denn die Genügsamkeit
Hat überall genug.


Wer mit dem Leben spielt,
Kommt nie zurecht;
Wer sich nicht selbst befiehlt,
Bleibt immer ein Knecht.