Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832),
Deutscher Dichter und Dramatiker, Naturforscher - Mystiker



Ohne Umschweife - Begreife
Was dich mit der Welt entzweit;
Nicht will sie Gemüt, will Höflichkeit.


Man schließe das Auge, man öffne, man schärfe das Ohr, und vom leisesten Hauch bis zum wildesten Geräusch, vom einfachsten Klang bis zur höchsten Zusammenstimmung, von dem heftigsten, leidenschaftlichen Schrei bis zum sanftesten Worte der Vernunft ist es nur die Natur, die spricht, ihr Dasein, ihre Kraft, ihr Leben und ihre Verhältnisse offenbart, so daß ein Blinder, dem das unendlich Sichtbare versagt ist, im Hörbaren ein unendlich Lebendiges fassen kann.


Unser Fehler besteht darin, daß wir am Gewissen zweifeln und das Ungewisse fixieren möchten. Meine Maxime bei der Naturforschung ist: das Gewisse festzuhalten und dem Ungewissen aufzupassen.


Und wie der Mensch nur sagen kann: Hie bin ich!
Daß Freunde seiner schonend sich erfreuen:
So kann ich auch nur sagen: Nimm es hin!


Alle diese vortrefflichen Menschen, zu denen Sie nun ein angenehmes Verhältnis haben, das ist es, was ich eine Heimat nenne.


Dank des Paria
Großer Brahma! nun erkenn ich,
Daß du Schöpfer bist der Welten!
Dich als meinen Herrscher nenn ich,
Denn du lässest alle gelten.


Und verschließest auch dem Letzten
Keines von den tausend Ohren;
Uns, die tief Herabgesetzten,
Alle hast du neu geboren.


Wendet euch zu dieser Frauen,
Die der Schmerz zur Göttin wandelt!
Nun beharr ich, anzuschauen
Den, der einzig wirkt und handelt.


Den schönsten Boten, Unglücksbotschaft häßlicht ihn.


Die Heilige Schrift redet allerdings nur von Einem Menschenpaare, das Gott am sechsten Tage erschaffen, allein die begabten Männer, welche das Wort Gottes aufzeichneten, das uns die Bibel überliefert, hatten es zunächst mit ihrem auserwählten Volke zu thun, und so wollen wir auch diesem die Ehre seiner Abstammung von Adam keineswegs streitig machen.


Das ist eben die Eigenschaft der wahren Aufmerksamkeit,
daß sie im Augenblick das Nichts zu Allem macht.


Amerika, du hast es besser
Als unser Kontinent, das alte,
Hast keine verfallene Schlösser
Und keine Basalte.
Dich stört nicht im Innern
Zu lebendiger Zeit
Unnützes Erinnern
Und vergeblicher Streit.


Gedenke zu leben.


Selten wird das Treffliche gefunden, seltner geschätzt.


Wer zu vielen sprechen will, muß sich zu mäßigen wissen.


Die Existenzen fremder Menschen sind die besten Spiegel, worin wir die unsrige erkennen können.


Genug allein ist jeder ja zu Haus.


Im Kleinen ist man nicht allein.


Ich bin nicht abergläubisch und gebe nichts auf diese dunklen Anregungen, insofern sie nur solche wären; aber es sind meistenteils unbewußte Erinnerungen glücklicher und unglücklicher Folgen, die wir an eigenen oder fremden Handlungen erlebt haben.


Jede Produktivität höchster Art, jedes bedeutende Aperçu, jede Erfindung, jeder große Gedanke, der Früchte bringt und Folge hat, steht in niemandes Gewalt und ist über aller irdischen Macht erhaben.


Wie sich Verdienst und Glück verketten,
Das fällt den Toren niemals ein;
Wenn sie den Stein der Weisen hätten,
Der Weise mangelte dem Stein.


Aber der Flüchtige kennt kein Gesetz; denn er wehrt nur den Tod ab, Und verzehret nur schnell und ohne Rücksicht die Güter. Dann ist sein Gemüt auch erhitzt, und es kehrt die Verzweiflung aus dem Herzen hervor das frevelhafte Beginnen.


Es ist nichts Tröstlicheres in älteren Jahren, als aufkeimende Talente zu sehen, die eine weite Lebensstrecke auszufüllen versprechen.


Ein bißchen schwer ist's, sich mit sich selbst vertragen, und doch im Grunde das einzige, worauf's ankäme.


Allem Leben, allem Tun, aller Kunst muß das Handwerk vorausgehen, welches nur in der Beschränkung erworben wird. Eines recht wissen und ausüben, gibt höhere Bildung als Halbheit im Hundertfältigen.


Wenn durch die Phantasie nicht Dinge entständen, die für den Verstand ewig problematisch bleiben, so wäre überhaupt zu der Phantasie nicht viel.


Außerordentliche Menschen treten aus der Moralität heraus. Sie wirken zuletzt wie physische Ursachen, wie Feuer und Wasser.


Es ist mit dem Ratgeben ein eigenes Ding und wenn man eine Weile in der Welt gesehen hat, wie die gescheitesten Dinge mißlingen und das Absurdeste oft zu einem glücklichen Ziele führt, so kommt man wohl davon zurück, jemanden einen Rat erteilen zu wollen.


Jede Bildung ist ein Gefängnis, an dessen Eisengitter Vorübergehende Ärgernis nehmen, an dessen Mauern sie sich stoßen können; der Sichbildende, darin Eingesperrte, stößt sich selbst, aber das Resultat ist eine wirklich gewonnene Freiheit.


Wenn sich zweie lieben sollen,
Braucht man sie nur zu scheiden.


Der persönliche Charakter des Schriftstellers bringt seine Bedeutung beim Publikum hervor, nicht die Künste seines Talents.


Der echte Deutsche bezeichnet sich durch mannigfaltige Bildung und Einheit des Charakters.


Alles opponierende Wirken geht auf das Negative hinaus, und das Negative ist nichts. Wenn ich das Schlechte schlecht nenne, was ist da viel gewonnen? Nenne ich aber gar das Gute schlecht, so ist viel geschadet. Wer recht wirken will, muss nie schelten, sich um das Verkehrte gar nicht bekümmern, sondern nur immer das Gute tun. Denn es kommt nicht darauf an, dass eingerissen, sondern dass etwas aufgebaut werde, woran die Menschheit reine Freude empfinde.


Drei Dinge sind bei einem Gebäude zu beachten: daß es am rechten Fleck stehe, daß es wohl gegründet, daß es vollkommen ausgeführt sei.


Aber das Unreife ist für das Gespräch und nicht für den Briefwechsel, die Rede löst so leicht jeden Irrtum auf, der durch die Schrift gleichsam erst recht konsolidiert wird.


Die Sorge geziemt dem Alter, damit die Jugend eine Zeitlang sorglos sein könne.


Jeder möge so verkünden,
Was ihm heute wohlgelang!
Das ist erst das rechte Zünden,
Daß entbrenne der Gesang.
Keinen Druckser hier zu leiden
Sei ein ewiges Mandat!
Nur die Lumpe sind bescheiden,
Brave freuen sich der Tat.


Kinder wissen beim Spiele aus allem alles zu machen: ein Stab wird zur Flinte, ein Stückchen Holz zum Degen, jedes Bündelchen zur Puppe und jeder Winkel zur Hütte. In diesem Sinne entwickelte sich unser Privattheater.


Die Sprache bringt doch eine Art von Atmosphäre des Landes mit.


Hast du Begriff von Öd' und Einsamkeit?


Die Gegenständlichkeit meiner Poesie bin ich denn doch jener großen Aufmerksamkeit und Übung des Auges schuldig geworden; sowie ich auch die daraus gewonnene Kenntnis hoch anzuschlagen habe.


Die Gegenwart des Elenden ist dem Glücklichen zur Last, und ach! der Glückliche dem Elenden noch mehr.


»Wie weit soll das noch gehn!
Du fällst gar oft ins Abstruse,
Wir können dich nicht verstehn.«
Deshalb tu ich Buße;
Das gehört zu den Sünden.
Seht mich an als Propheten!
Viel Denken, mehr Empfinden
Und wenig Reden.


Willst lustig leben,
Geh mit zwei Säcken,
Einen zum Geben,
Einen, um einzustecken.
Da gleichst du Prinzen,
Plünderst und beglückst Provinzen.


Ach, was ist die Nacht der Ferne
Für ein Abgrund, für ein Schmerz!


Die Gelegenheiten sind die wahren Musen, sie rütteln uns auf aus Träumereien und man muß es ihnen durchaus danken.


»Hab nur den Mut, die Meinung frei zu sagen und ungestört! Es wird den Zweifel in die Seele tragen, dem, der es hört. Und vor der Luft des Zweifels flieht der Wahn. Du glaubst nicht, was ein Wort oft wirken kann«.


Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker auf einander schlagen.


Und sollen sich viele nicht lieber vielen vertrauen als einem?


Ich sehe immer mehr, daß jeder nur sein Handwerk ernsthaft treiben und das Übrige alles lustig nehmen soll.


Wenn man es genau besieht, so ist es ganz einerlei, an welchen Gegenständen man seine Tätigkeit üben, an welchen man seinen Scharfsinn versuchen mag.


Das Wunder ist des Augenblicks Geschöpf.


Wer dem Publikum dient, ist ein armes Thier;
Er quält sich ab, niemand bedankt sich dafür.


Der Vogel ist froh in der Luft gemütet,
wenn es da unten im Neste brütet.


Keine Religion,. die sich auf Furcht gründet, wird unter uns geachtet.


Kinder sind alle moralische Rigoristen.


Erasmus gehört zu denen, die froh sind, daß sie selbst gescheit sind, und keinen Beruf finden, andre gescheit zu machen, - was man ihnen auch nicht verdenken kann.


Willst du genau erfahren, was sich ziemt,
So frage nur bei edlen Frauen an.


Die Deutschen sind übrigens wunderliche Leute! - Sie machen sich durch ihre tiefen Gedanken und Ideen, die sie überall suchen und überall hineinlegen, das Leben schwerer als billig.


Erhaltet eure Aufrichtigkeit und Wahrheitsliebe so viel wie möglich, fuhr er [Goethe] fort, aber verfallt nicht in den Fehler der jetzigen Zeit, nämlich: durch allzu große Aufrichtigkeit grob zu werden.


Gleich und gleich
Ein Blumenglöckchen
Vom Boden hervor
War früh gesprosset
In lieblichem Flor;
Da kam ein Bienchen
Und naschte fein -
Die müssen wohl beide
Für einander sein.


Über Wetter und Herrenlaunen
runzle niemals Augenbrauen.
Und bei den Grillen der hübschen Frauen
mußt du immer vergnüglich schauen!


Gar freundliche Gesellschaft leistet uns
Ein ferner Freund, wenn wir ihn glücklich wissen.


Wer Wissenschaft und Kunst besitzt,
Hat auch Religion;
Wer jene beiden nicht besitzt,
Der habe Religion.


Herr Nachbar, ja! so laß ich's auch geschehn,
Sie mögen sich die Köpfe spalten,
Mag alles durch einander gehn;
Doch nur zu Hause bleibt's beim alten.


Wenn du dich selber machst zum Knecht,
Bedauert dich niemand, geht's dir schlecht;
Machst du dich aber selbst zum Herrn,
Die Leute sehn es auch nicht gern;
Und bleibst du endlich, wie du bist,
So sagen sie, daß nichts an dir ist.


Zeige man doch dem Jüngling des edel reifenden Alters
Wert und dem Alter die Jugend, daß beide des ewigen Kreises
Sich erfreuen und so sich Leben im Leben vollende!


Freunde können und müssen Geheimnisse voreinander haben: sie sind einander doch kein Geheimnis.


Genieße, was der Schmerz dir hinterließ!
Ist Not vorüber, sind die Nöte süß.


Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehen,
Weil nicht
alle Blütenträume reiften?


Was kann der Mensch im Leben mehr gewinnen,
Als daß sich Gott-Natur ihm offenbare,
Wie sie das Feste lässt zu Geist zerrinnen,
Wie sie das Geisterzeugte fest bewahre!


Genießen macht gemein.


Es gehört zu einem wechselseitigen Einfluß eine gewisse passende Disposition, die sich oft gerade in dem Augenblick nicht findet, da man zusammenlebt, und in Absicht auf geistige Bildung geht man selten miteinander, just, wenn man sich körperlich nebeneinander befindet.


Jedes Existierende ist ein Analogon alles Existierenden; daher erscheint uns das Dasein immer zu gleicher Zeit gesondert und verknüpft.


Macht euren Gegner nur nicht klein:
Ein Kerl, den alle Menschen hassen,
Der muß was sein!


Götter sollten nicht
Mit Menschen wie mit ihresgleichen wandeln:
Das sterbliche Geschlecht ist viel zu schwach,
In ungewohnter Höhe nicht zu schwindeln.


Es ist die ganze Kirchengeschichte
Mischmasch von Irrtum und von Gewalt.


Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herrn und deine?


Auch liegt mir Deutschland warm am Herzen; ich habe oft einen bittern Schmerz empfunden bei dem Gedanken an das deutsche Volk, das so achtbar im Einzelnen und so miserabel im Ganzen ist.


Der wahre Liberale sucht mit den Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, so viel Gutes zu bewirken als er nur immer kann; aber er hütet sich, die oft unvermeidlichen Mängel sogleich mit Feuer und Schwert vertilgen zu wollen.


Dem Staate liegt nur daran, daß der Besitz gewiß und sicher sei; ob man mit Recht besitze, kann ihn weniger kümmern.


Ruhig und vernünftig zu betrachten, ist zu keiner Zeit schädlich, und indem wir uns gewöhnen, über die Vorzüge anderer zu denken, stellen sich die unsern unvermerkt selbst an ihren Platz, und jede falsche Tätigkeit, wozu uns die Phantasie lockt, wird alsdann gern von uns aufgegeben.


Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.


Das Herrliche hat aber die Natur, wie man auf sie losgeht, daß sie immer wahrer wird, sich immer mehr entfaltet, immer neu erscheint, ob sie gleich die alte, immer tiefer, ob sie gleich immer dieselbe bleibt.


Wenn andre vieles um den einen tun,
So ist's auch billig, daß der eine wieder
Sich fleißig frage was den andern nützt.


Der Tod des Achill scheint mir ein herrlich tragischer Stoff.


Der Titel gehört auch nicht dazu, die alten Gedichte hatten gar keine Titel, es ist dies ein Gebrauch der Neuern, von denen auch die Gedichte der Alten erst in einer spätern Zeit Titel erhalten haben.


Hypochonder
Der Teufel hol das Menschengeschlecht!
Man möchte rasend werden!
Da nehm ich mir so eifrig vor:
Will niemand weiter sehen,
Will all das Volk Gott und sich selbst
Und dem Teufel überlassen!
Und kaum seh ich ein Menschengesicht,
So hab ich's wieder lieb.


Der Tränen Gabe, sie versöhnt den grimmsten Schmerz;
Sie fließen glücklich, wenn's im Innern heilend schmilzt.


Alle Menschen guter Art empfinden bei zunehmender Bildung, daß sie auf der Welt eine doppelte Rolle zu spielen haben, eine wirkliche und eine ideelle, und in diesem Gefühl ist der Grund alles Edlen aufzusuchen.


Wenn man wohltätig sein will und weiter nichts, so kann das jeder am hellen Tage, in seinem Hauskleid.


Wenn wir nur etwas, das uns Sorge macht, aus unserer Gegenwart verbannen können, da glauben wir schon, nun sei es abgetan.


Man soll nur seine Arbeiten so gut und so mannigfaltig machen als man kann, damit sich jeder etwas auslese und auf seine Weise daran Theil nehme.


Die Unsterblichkeit ist nicht jedermanns Sache.


Kinder [fühlen] ein ganz eignes Erstaunen . und [werden] zu emsigen Untersuchungen angereizt ., sobald ihnen etwas, das sie bisher unbedingt verehrt, einigermaßen verdächtig wird.