Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832),
Deutscher Dichter und Dramatiker, Naturforscher - Mystiker



Unzeitige Gebote, unzeitige Strafen bringen erst das Übel hervor.


Willst du schon zierlich erscheinen, und bist nicht sicher? Vergebens!
Nur aus vollendeter Kraft blicket die Anmut hervor.


So wirkt mit Macht der edle Mann
Jahrhunderte auf seines Gleichen:
Denn was ein guter Mensch erreichen kann,
Ist nicht im engen Raum des Lebens zu erreichen.
Drum lebt er auch nach seinem Tode fort,
Und ist so wirksam als er lebte;
Die gute Tat, das schöne Wort,
Es strebt unsterblich, wie er sterblich strebte.


Verfluchte Dilettanten!


Allzu lästig scheint
Uns unwillkommne Hilfe! Sie erregt
Nur innern Zwiespalt. Danken möchten wir,
Und sind undankbar.


Die Eitelkeit ist ungefähr das, was beim Essen der gute Appetit ist: das Wohlschmecken, das Innewerden des Genusses. Ohne diesen frißt man sich nur voll wie das Tier.


Salz und Wasser kühlt
Nicht, wo Jugend fühlt;
Ach! die Erde kühlt die Liebe nicht.


Auf keinem Boden darf ich niedrig sein,
Erniedrigung auf keinem Boden dulden.


So sind die Anfänge aller Schauspielkunst. Der rohe Mensch ist zufrieden, wenn er nur etwas vorgehen sieht; der gebildete will empfinden, und Nachdenken ist nur dem ganz ausgebildeten angenehm.


Warum sind wir so klug, wenn wir jung sind,
so klug, um immer törichter zu werden!



Keimt ein Glaube neu,
Wird oft Lieb und Treu
Wie ein böses Unkraut ausgerauft.


Die Geschichte eines Menschen ist sein Charakter.


Die innigsten Verbindungen folgen eigentlich nur aus dem Entgegengesetzten.


Es sind nur wenige, die den Sinn haben und zugleich zur Tat fähig sind. Der Sinn erweitert, aber lähmt; die Tat belebt, aber beschränkt.


Wer nicht wie jener unvernünftige Sämann im Evangelium den Samen umherwerfen mag, ohne zu fragen, was davon und wo es aufgeht, der muß sich mit dem Publikum gar nicht abgeben.


Nicht jede Absicht ist offenbar, und manches Mannes Absicht ist zu mißdeuten.


Ein Dilettant hat es geschrieben,
Und Dilettanten spielen's auch.
verzeiht, ihr Herrn, wenn ich verschwinde;
Mich dilettiert's, den Vorhang aufzuziehn.


Wo viel Licht ist, ist starker Schatten.


Die Menschen werfen sich im Politischen wie auf dem Krankenlager von einer Seite zur andern, in der Meinung besser zu liegen.


Wie trägst Du so behaglich
Der tollen Jugend anmaßliches Wesen?
Fürwahr, sie wären unerträglich,
Wär' ich nicht auch unerträglich gewesen.


Man kann die Erfahrung nicht früh genug machen, wie entbehrlich man in der Welt ist.
Ich habe nur zwei Götter, dich und den Schlaf. Ihr heilet alles an mir, was zu heilen ist, und seid die wechselweisen Mittel gegen die bösen Geister.


Alles, was ich erfuhr, ich würzt' es mit süßer Erinnrung,
Würzt' es mit Hoffnung; sie sind lieblichste Würzen der Welt.


Wir wollen nichts von dir was du nicht bist,
Wenn du nur erst dir mit dir selbst gefällst.
Du machst uns Freude wenn du Freude hast,
Und du betrübst uns nur wenn du sie fliehst.


Die Götter rächen
Der Väter Missetat nicht an dem Sohn;
Ein jeglicher, gut oder böse, nimmt
Sich seinen Lohn mit seiner Tat hinweg.
Es erbt der Eltern Segen, nicht ihr Fluch.


Ich bin für alles zu alt, nur fürs Wahre nicht.


Im Ehestand muß man sich manchmal streiten, denn dadurch erfährt man was voneinander.


Es rennt der Mensch, es fliehet
Vor ihm das bewegliche Ziel.
Er zieht und zerrt vergebens
Am Vorhang, der schwer auf des Lebens
Geheimnis, auf Tagen und Nächten ruht.


Beim Übergang von der Erfahrung zum Urteil, von der Erkenntnis zur Anwendung ist es, wo dem Menschen gleichsam wie an einem Passe alle seine inneren Feinde auflauern.


. ich fühle ganz
Den Abscheu, den die Übermacht erregt,
Die frevelhaft und ungerecht ergreift.


Täglich werf' ich eine neue Schale ab und hoffe als ein Mensch wiederzukehren. . Ich habe in der Welt nichts zu suchen als das Gefundne, nur dass ichs genießen lerne, das ist alles, warum ich mich hier noch hämmern und bearbeiten lasse.


Die Kirche liegt in ewigem Streit mit dem Staat, der ihr die Oberherrschaft nicht zugestehn will.


Wenn man etwas voran bringen will, muß man sich knapp zusammennehmen und sich wenig um das kümmern was andere tun.


Sehen wir nun während unseres Lebensganges dasjenige von andern geleistet, wozu wir selbst früher einen Beruf fühlten, ihn aber, mit manchen andern, aufgeben mußten; dann tritt das schöne Gefühl ein, daß die Menschheit zusammen erst der wahre Mensch ist, und daß der Einzelne nur froh und glücklich sein kann, wenn er den Mut hat, sich im Ganzen zu fühlen.


Das Licht ungetrübter göttlicher Offenbarung ist viel zu rein und glänzend, als daß es den armen, gar schwachen Menschen gemäß und erträglich wäre. Die Kirche aber tritt als wohltätige Vermittlerin ein, um zu dämpfen und zu ermäßigen, damit allen geholfen und damit vielen wohl werde.


Dem Helfer hilft der Helfer droben.


Ungern entschließt sich der Mensch zur Ehrfurcht, oder vielmehr entschließt sich nie dazu; es ist ein höherer Sinn, der seiner Natur gegeben werden muß.


Dichter gleichen Bären,
Die immer an eignen Pfoten zehren.


Wie tröstlich ist es einem Freunde, der
Auf eine kurze Zeit verreisen will,
Ein klein Geschenk zu geben, sei es nur
Ein neuer Mantel, oder eine Waffe.


Wie viel Klügeres, Größeres, Edleres hat gelebt,
und wir Zeitlinge bilden uns ein, allein klug zu sein!



Welch ein früh wissendes und spät übendes Geschöpf ist doch der Mensch!


Ein Leben ohne Liebe, ohne die Nähe des Geliebten
ist nur eine »Comedie à tiroir«, ein schlechtes Schubladenstück.


Pfeiler, Säulen kann man brechen,
Aber nicht ein freies Herz.


Guten Menschen, fürwahr, spricht oft ein himmlischer Geist zu,
Daß sie fühlen die Not, die dem armen Bruder bevorsteht.


Kannst du lesen, so sollst du verstehen; kannst du schreiben, so mußt du etwas wissen; kannst du glauben, so sollst du begreifen; wenn du begehrst, wirst du sollen; wenn du forderst, wirst du nicht erlangen; und wenn du erfahren bist, sollst du nutzen.


Der Zustand des Schreibenden teilt sich dem wahren Leser sogleich völlig mit.


Wer den Menschen allzu unbequem wird, hat zu erwarten,
daß sie sich doch zuletzt zusammentun und ihn beseitigen.


Man sieht aus allem, der Mensch ist zum Glauben und nicht zum Schauen gemacht.


So ist denn alles nichts, wenn das eine fehlt, das dem Menschen alles übrige wert ist.


(Prinzessin:)
Wohl ist sie schön die Welt! In ihrer Weite
Bewegt sich so viel Gutes hin und her.
Ach, daß es immer nur um einen Schritt
Von uns sich zu entfernen scheint,
Und unsre bange Sehnsucht durch das Leben
Auch Schritt vor Schritt bis nach dem Grabe lockt!
So selten ist es, daß die Menschen finden,
Was ihnen doch bestimmt gewesen schien,
So selten, daß sie das erhalten, was
Auch einmal die beglückte Hand ergriff!
Es reißt sich los, was erst sich uns ergab,
Wir lassen los, was wir begierig faßten.
Es gibt ein Glück, allein wir kennen's nicht:
Wir kennen's wohl, und wissen's nicht zu schätzen.


[Makarien zeigte mir], wie man sich von innen selbst schmücken könne.


Wir wandeln alle in Geheimnissen. Wir sind von einer Atmosphäre umgeben, von der wir noch gar nicht wissen, was sich alles in ihr regt und wie es mit unserm Geiste in Verbindung steht.


Meiner Sehnsucht schiebt ein böser Geist
Statt Freud und Glück verwandte Schmerzen unter.


zu Leonore
So selten ist es, daß die Menschen finden,
Was ihnen doch bestimmt gewesen schien,
So selten, daß sie das erhalten, was
Auch einmal die beglückte Hand ergriff!
Es reißt sich los, was erst sich uns ergab,
Wir lassen los, was wir begierig faßten.
Es gibt ein Glück, allein wir kennen's nicht:
Wir kennen's wohl, und wissen's nicht zu schätzen.


Nun ist die Luft von solchem Spuk so voll,
Daß niemand weiß, wie er ihn meiden soll.


Nur allein der Mensch
Vermag das Unmögliche:
Er unterscheidet,
Wählet und richtet;
Er kann dem Augenblick
Dauer verleihen.



Ein selbstisches Gemüt
Kann nicht der Qual des engen Neids entfliehen.


Jeder Mensch ist beschränkt genug, den andern zu seinem Ebenbild erziehen zu wollen. Glücklich sind diejenigen daher, deren sich das Schicksal annimmt, das jeden nach seiner Weise erzieht.


Man hatte die gelehrten Weiber lächerlich gemacht, und man wollte auch die unterrichteten nicht leiden, wahrscheinlich weil man für unhöflich hielt, so viel unwissende Männer beschämen zu lassen.


Aus Vorsatz hast du nie, aus Leichtsinn stets gefehlt.


Der Lebende soll hoffen.


Die Einbildungskraft sei ohnehin ein vages, unstätes Vermögen, während das ganze Verdienst des bildenden Künstlers darin bestehe, daß er sie immer mehr bestimmen, festhalten, ja endlich bis zur Gegenwart erhöhen lerne.


Ein garstig Lied! Pfui! ein politisch Lied!


Wenn Ihr Euch nur selbst vertraut,
Vertrauen Euch die andern Seelen.


Der Hypochonder ist bald kuriert,
wenn euch das Leben recht kujoniert.


Wenn ich dumm bin, lassen sie mich gelten;
Wenn ich recht hab', wollen sie mich schelten.



Ein lutherischer Geistlicher spricht:
Heiliger, lieber Luther,
Du schabtest die Butter
Deinen Gesellen vom Brot,
Das verzeihe dir Gott!


Laßt mich weinen! Das ist keine Schande.
Weinende Männer sind gut.



Die eigensinnig fordernde Kritik hab' ich mir stets vom Leibe gehalten; wer mich nicht mag, dem kann ich nichts geben, mit dem ist es bald ein klares Verhältnis. Wer mich aber durchaus anders will, als ich bin, der versucht es, mich unter freundlichen Worten zu erwürgen; der ist mein schlimmster Feind, weil er spricht, als ob er mein Freund wäre.


Zwischen der Wieg und dem Sarg
wir schwanken und schweben
Auf dem großen Kanal sorglos durchs Leben dahin.


Ein Richter, der nicht strafen kann,
Gesellt sich endlich zum Verbrecher.


Ach, wer ruft nicht so gern Unwiederbringliches an!


Mir bleibt genug! Es bleibt Idee und Liebe!


Und das Genie, es will gleich obenaus.


Wie aber den Frauen der Augenblick, wo ihre bisher unbestrittene Schönheit zweifelhaft werden will, höchst peinlich ist, so wird den Männern in gewissen Jahren, obgleich noch in völligem Vigor, das leiseste Gefühl einer unzulänglichen Kraft äußerst unangenehm.


Einen Verlornen zu beweinen, ist auch männlich.


Ich habe Freunde gesehen, Geschwister, Liebende, Gatten, deren Verhältnis durch den zufälligen oder gewählten Hinzutritt einer neuen Person ganz und gar verändert, deren Lage völlig umgekehrt wurde.


So hat man immer Trieb und Lust,
vor fremden Türen zu kehren.



Es täte uns not, daß der Dämon uns täglich am Gängelband führte und uns sagte und triebe, was immer zu tun sei. Aber der gute Geist verläßt uns, und wir sind schlaff und tappen im Dunkeln.


Gib nur erst acht, die Bestialität
Wird sich gar herrlich offenbaren.


Die Sonne hält mir doch nicht still,
Und immer geht's den alten Gang
Das liebe lange Leben lang.


Die Natur ist so, daß die Dreieinigkeit sie nicht besser machen könnte. Es ist eine Orgel, auf der unser Herrgott spielt, und der Teufel tritt die Bälge dazu.


Das Alter muß doch einen Vorzug haben,
Daß wenn es auch dem Irrtum nicht entgeht,
Es doch sich auf der Stelle fassen kann.


Es ist die Zeit
Von einem guten Werke nicht das Maß;
Und wenn die Nachwelt mit genießen soll,
So muß des Künstlers Mitwelt sich vergessen.


Sorge
Kehre nicht in diesem Kreise
Neu und immer neu zurück!
Laß, o laß mir meine Weise,
Gönn, o gönne mir mein Glück!
Soll ich fliehen? Soll ich's fassen?
Nun, gezweifelt ist genug.
Willst du mich nicht glücklich lassen,
Sorge, nun so mach mich klug!


Die Worte sind gut, sie sind aber nicht das Beste. Das Beste wird nicht deutlich durch Worte. Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste.


Aber freylich tausend und tausend Gedancken steigen in mir auf und ab. Meine Seele ist wie ein ewiges Feuerwerck ohne Rast.


Gott segne Kupfer, Druck und jedes andere vervielfältigende Mittel, so daß das Gute, was einmal da war, nicht wieder zugrunde gehen kann.


In die Nähe soll man nicht hoffen, aber in die Ferne.


Liebe mich, damit ich mich des Lebens freue.


Ich bin zu alt, um etwas zu tadeln,
Doch immer jung genug, etwas zu tun.



Laßt zahme Xenien immer walten,
Der Dichter nimmer gebückt ist.
Ihr ließt verrückten Werther schalten,
So lernt nun, wie das Alter verrückt ist.


Im Praktischen ist doch kein Mensch tolerant! Denn wer auch versichert, daß er jedem seine Art und sein Wesen gerne lassen wolle, sucht doch immer diejenigen von der Tätigkeit auszuschließen, die nicht so denken wie er.


Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drei und Eins, und Eins und Drei
Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.


Da, wo das Wasser sich entzweit,
Wird zuerst Lebendigs befreit.
Und wird das Wasser sich entfalten,
Sogleich wird sich's lebendig gestalten;
Da wälzen sich Tiere, sie trocknen zum Flor,
Und Pflanzengezweige, sie dringen hervor.


Vom Ziel haben viele Menschen einen Begriff, nur möchten sie es gern schlendernd auf irrgänglichen Promenaden erreichen.


Wenn du mir nichts freundliches zu sagen hast, so antworte mir gar nicht.


Die Welt ist so leer, wenn man nur Berge, Flüsse und Städte darin denkt, aber hie und da jemand zu wissen, der mit uns übereinstimmt mit dem wir auch stillschweigend fortleben, das macht uns dieses Erdenrund erst zu einem bewohnten Garten.


Es kann gar nicht schaden, wenn man uns einmal
über uns selbst nachdenken macht.



Neugier
Etwas wünscht' ich zu sehn,
ich wünschte einmal von den Freunden,
die das Schwache so schnell finden, das Gute zu sehn!


Wenn man nicht unbedingt lieben darf,
sieht es mit der Liebe schon mißlich aus.


Aber man gelangt gar bald auf dem Wege der Berühmtheit
zur Geringachtung derselben.


Sehr leicht zerstreut der Zufall, was er sammelt.